Fräulein Alice springt zu o2

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Kennen Sie Fräulein Alice? Eine Zeitlang sah es in der Tat so aus, als ob sie in Deutschland weiterleben dürfte, doch jetzt springt sie doch zur neuen Mami Telefonica-o2-Germany. 2 Jahre hat sie dafür noch Zeit.

Alice springt zu o2 (Bildquellen: Alice.de o2.de Montage www.teltarif.de)

Alice springt zu o2 (Bildquellen: Alice.de o2.de Montage http://www.teltarif.de)

 

Wie das Nachrichtenportal teltarif.de unter Berufung auf Welt-Online berichtet, plant der Telekommunikationsanbieter Telefonica o2 sich von seiner Marke „Alice“ zu trennen.

Blenden wir kurz zurück: Der Wettbewerb im deutschen Festnetz lief anfangs etwas schleppend. Zwar gab e schnell spannende „Call by Call“ Angebote, aber alternative Festnetz-Anbieter? Wer sich auf das Abenteuer einläßt, erlebt immer wieder chaotische Zustände im Zuständigkeitsgerangel zwischen der „incumbent“ (=alteingessenen) Deutschen Telekom und den neuen Anbietern, die im Grunde meist die Leitungen (Drähte in die Wohnung) von der Deutschen Telekom mieten müssen und ihrem Kunden dann weiterverkaufen wollen.

Echten Erfolg hatten die privaten Festnetzanbieter vor Ort, wo sie auf eigene Leitungen zurückgreifen konnten, mit einem Kundenservice vor Ort, der die Kunden und ihr Umfeld schon kannte, etwa wenn örtliche Stadtwerke oder örtlich verwurzelte Betriebe Telefondienstleistungen anboten.

Von der Bundesnetzagentur lobend erwähnte Beispiele sind etwa EWEtel, die im Bereich Elbe-Weser-Ems unterwegs sind… und Hansenet in Hamburg.

Im Hamburg entstand aus dem Umfeld der Stadtverwaltung die Hansenet. Die erreichten bald traumhafte Marktanteile, weil sie „von hier“ waren und gute Preise boten. 2005 erreichte Hansenet über 50% Marktanteil in Hamburg. Das ist doch ein Wort. Oder nicht?

Der Internet-Pionier AOL wußte in Deutschland nicht mehr so recht, was er tun sollte, 2006 gingen die Festnetz und Mobilfunkzugangsaktivitäten von AOL an Hansenet. Da AOL vom Start an mit o2 in Sachen Mobilfunk gearbeitet hatte und viele AOL-Kunden ihren Internetzugang von AOL verwendeten, der teilweise über das Backbone von Telefonica heute Telefonica-o2 abgewickelt wurde, kam man sich auch hier näher.

Doch so ein Netz zu betreiben ist nicht einfach und irgendwann klopften die Italiener von Telecom Italia an, ob sie nicht das Netz von Hansenet haben könnten. Sie tauften es in „Alice“ um und schickten die symphatische Schauspielerin Vanessa Hessler ins Rennen, bald lächelte sie mit rotem Band von Litfass-Säulen und Plakatwänden.

So auch ich, AOL-Deutschland-Kunde der ersten Stunde. Die Möglichkeit einer Wunschrufnummer gefiel mir, die Tarife waren auch ok, insbesondere ein bezahlbarer Datenzugang ohne teure Extra-Optionen. Doch der Kundenservice war bei AOL-Mobil/Alice einfach nur grauenhaft. Trotz mehrfacher Nachfragen konnte mir keiner sagen, wo mein Einzelverbindungsnachweis geblieben war, nachdem AOL zu Alice gewechselt war, das Internet-Portal eine Dauerbaustelle und eines Tages waren wie von Geisterhand die gesuchten Infos wieder da.

Da ich den Internetzugang von AOL ohnehin nicht mehr nutzen wollte, kündigte ich mein AOL-Konto, das ging kurioserweise nur telefonisch, man mußte sich nur durch eine 01805-Hotline-Kette durchkämpfen, der erste Mensch prüfte meine Zugangsdaten (bin ichs wirklich?) der nächste Mensch nahm dann die Kündigung auf. Schriftlich gäbe es da aber nichts. Eines Tages verschwanden die Abbuchungen von meinem Konto und eines weiteren Tages wurde – ohne weitere Vorwarnung – der AOL-Mobilfunkanschluß gesperrt. Am Telefon war wage von der Kopplung mit dem Mobilfunkanschluß die Rede, beim Abschluß stand das auch in den AGBs, von daher also ok, ich brauchte die Nummer ohnehin nicht mehr.

Doch Telecom Italia wurde mit Alice in Deutschland irgendwie nicht glücklich, das Neukundengeschäft klappte nicht so wie gedacht und Einsparungen bei der Hotline und permanente Änderungen im Ablauf frustrierte Bestandskunden. Technische Probleme mit den Next-Generation-IAD-Modems von Sphairon kursierten durch die Foren und vergrößerten das Abschreckungspotenzial.

Da die Telefonica o2 schon mit der Telecom Italia/Alice beim Vermarkten von Mobilfunk-Produkten zu tun hatte, war es naheliegend, die DSL-Kundschaft komplett zu übernehmen, zumal das o2 eigenes DSL-Angebot irgendwie überhaupt nicht vom Fleck kam.

Sie ahnen es warum: Neue unerprobte Technik mit vielen kleinen nervigen Fehlern. Ungeahnte Probleme im Ablauf von Bestellung und Freischaltung und der permanente „Kleinkrieg“ zwischen der Deutschen Telekom und den privaten Konkurrenten, unter dem ausnahmslos die Kunden leiden mußten. Wer wollte da schon wechseln?

o2 kaufte schließlich Alice und schickte seine Spitzenmanager nach Hamburg. Am Anfang konnte man fast meinen, die Marke „Alice“ sollte beibehalten und ausgebaut werden werden, weil sie einen gewissen Bekanntheitsgrad und trotz aller Widrigkeiten einen sichtbaren Kundenstand von über 2 Millionen erworben hatte.

Nein, teilte der o2 CEO Rene Schuster dieser Tage mit. Sicher, Alice werde nicht sofort in o2 aufgehen, um möglichst viele der bestehenden Alice-DSL-Kunden zu behalten. Aber: „Unsere DSL-Marke in Deutschland wird in Zukunft o2 sein“ soll er gesagt haben.

Eigentlich war das ja irgendwo klar: Zuviel verschiedene Marken verwirren nur, aber zu häufige Namenswechsel genauso. Das ist ein Dilemma. Da die Branche derzeit überall auf Konsolidierungskurs ist, müssen etablierte Marken geopfert werden, sei es Arcor (heute Vodafone), T-Mobile (heute (wieder) Telekom) oder jetzt Alice.

Ein kurzer Blick auf www.alice-dsl.de zeigt ein verwirrendes Angebot. Nur 14,90 soll der günstigste Anschluß kosten, was in der Tat günstig klingt, aber eh man sich versieht, ist man in einem verwirrenden Dickicht von Fußnoten versunken und weiß am Ende nicht mehr, was der Spaß denn nun eigentlich unterm Strich kostet.

Für 14,90 im Monat soll man einen DSL-Anschluß bekommen, der „bis zu“ 16.000 kBit/s Geschwindigkeit haben soll. Wieviel die vorhandene Leitung ins Haus wirklich schafft, erfährt ein potenzieller Kunde erst, wenn er schon unterschrieben hat. Man sollte also erst mal bei der Telekom schauen, die da in ihren Angaben schon etwas präziser ist und die stille Hoffnung, daß private Anbieter „schneller“ schalten als die Telekom ist trügerisch. Ok, erwischt man (etwa in Hamburg) „eigene“ Leitungen mögen die schneller und moderner sein, manchmal wird auch einfach „draufgebrezelt“ und die privaten sind da schmerzfreier als die Telekom, die gewisse konservative Qualitskriterien hat. Gibt man dem Kunden einfach mehr, kann das funktionieren, muß es aber nicht. Ratenadaptive Schaltungen erlauben einiges mehr als bisher, sind aber bei der Telekom nicht so populär, die möchte lieber ihr Netz ausbauen und hat nichts dagegen, wenn Städte, Kommunen oder Landkreise mit Fördermitteln beim Ausbau finanziell unter die Arme greifen.

Private Anbieter, die sich in die Walachei trauen, sind extrem selten, einige fortschrittliche Städte verlegen jetzt eigene Leitungen, die sie dann diskriminierungsfrei an Jedermann, der eine Lizenz hat, vermieten wollen. Das steckt noch in den Kinderschuhen. Daß die Deutsche Telekom eines Tages „fremde Leitungen“  mieten wird, ist ein schmerzhafter Umdenkprozess, der sicher noch viel Zeit braucht.

Zurück zu Alice. Der Tarif Alice Light beinhaltet keine Festnetz-Rufnummer, die kann man für 2 Euro extra im Monat dazu buchen. Damit kann man kostenfrei zu Alice-Mobile-Anschlüssen telefonieren, man muß nur irgendwie herausfinden, welche Nummern das sind. Telefonate ins Festnetz sind mit 3,5 Cent/Minute teurer als bei der ach so teuren Telekom. Wer mehr telefoniert, sollte sich daher eine Festnetzflatrate buchen, die natürlich extra kostet. Wer sich technisch auskennt, kann sich auf das Abenteuer VoIP einlassen.

Zur Freischaltung sind einmalig knapp 40 Euro zu entrichten, wenn ich aus dem Preislistendschungel schlau werde. Die günstigen 14,90 im Monat für den Anschluß gelten nur im ersten Vertragsjahr.  Danach sollen es monatlich 10 Euro mehr sein, man kann aber monatlich kündigen. Nur: Mit solchen Tarifen werden wieder Schnäppchenjäger gezüchtet, die permanent wechseln und kündigen, um den optimalen Niedrigsttarif zu erjagen, der sich kaum oder gar nicht rechnen kann und am Ende nur für Frust sorgt.

Blicken wir zu o2-DSL: Für 25 Euro im Monat bekomme ich dort eine Flatrate zum Surfen und Telefonieren (außer Rufumleitungen und Sondernummern) mit 2 MB/s Geschwindigkeit. Das ist eine klare Ansage und in vielen Fällen ausreichend, besonders, wenn vor Ort kein schnellerer Zugang möglich ist. Den einmaligen Anschlußpreis kann man im Rahmen von Aktionen geschenkt bekommen, den Einfachst-Router auch, für 99 Euro gibts sogar eine Fritzbox mit WLAN und vielen pfiffigen Funktionen, Mindesvertragslaufzeit gibts übrigens auch nicht – sehr löblich.

Ob allerdings die große Menge der Telekom-Festnetz-Kunden zum alternativen Angebot von Frau Alice oder Herrn o2 wechseln mag, wird man sehen. Historisch hat die Telekom die überwiegende Hoheit über die letzten Meter Kabel und wenns Probleme gibt, dann verderben viele Köche den Brei. Und wenn es einfach nur billiger sein soll, sind die Angebote der Kabel-TV-Anbieter verlockend, sofern man schon einen TV-Kabelanschluß hat und die Installation im Hause rückkanalfähig ist. Aber das ist dann eine andere Geschichte.

Neue Anbieter können da am Ende nur punkten, wenn sie superguten Kundenservice und glasklar verständliche Tarife ohne 500 Fußnoten anbieten. Kombi-Produkte, die ein kostengünstiges Telefonieren und Umleitungen! zwischen heimischen Festnetz und Handy bieten, werden die Zukunft bilden. Da aber heulen die Kostenrechner, die möglichst lange und viel Geld aus den regulierten Interconnect-Preisen Fest-Funk abschöpfen wollen.

Ich bin gespannt, wann der Branchenführer Telekom ein sichtbares kombiniertes Fest-Funk-Angebot auflegen wird, das könnte Bewegung in die Geschichte bringen.

Fräulein Alice und Herrn o2 darf man bis dahin viel Glück für die Zukunft wünschen.

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2 Antworten to “Fräulein Alice springt zu o2”

  1. Ingolf Says:

    O2 hat sich mit Alice einfach mal Kunden gekauft. Ob das sinnvoll ist, möchte ich bezweifeln. Das Problem der geringen Bandbreite über Kupferkabel bleibt nämlich. Da sind die Kabel-TV Anbieter meilenweit im Vorteil. Das gleiche Problem hat die Telekom ebenso. Nur lohnt sich dort auf Grund der viel höheren Kundenzahl noch eher der Glasfaser-Ausbau (den die Kabelanbieter jedenfalls mittelfristig gar nicht brauchen). Wenn der Regulierer den Konkurrenten nicht irgendwann den Weg in die Telekom-Glasfaser freischießt, werden es die kleinen Player schwer haben gegen die Telekom und die Kabelanbieter zu bestehen.

  2. iDet Says:

    Das war ja ein zu erwartender Schritt den Herr o2-Schuster heute verlaufen lies. Ich sehe sowieso in den ganzen Entwicklungen jetzt eine Phase in der es um das Ganze geht.

    Breitband zu Hause + mobiles Internert + noch so ein paar wenig Daten für Telefonie.

    Das bleiben nur die große drei: Telekom, Vodafone und o2 …. Alle anderen bis jetzt zum Teil sehr regional erfolgreichen Anbieter haben im mobilen einen Patner: Netcologne mit ePlus, M-Net mit o2 oder der von die von der Netzagentur gelobte EWETEL die mit Vodafone kooperiert.

    Nur was wird passieren, wenn die den drei Großen anfangen zu kombineren? Ich habe mit mal auf das NGN-Experiment bei Herrn o2 eingelassen. Klappt erstaunlich zuverlässig und die Family&Office-Flat ist genial. Die Flat zu allen mobilem O2-Kunden ist auch perfekt.

    Sowas ahnliches kostet bei der Telekom zur Zeit noch 600€ im Jahr mehr. Alles im allem kann man nur gewinnen, wenn die Kunden zufrieden sind, durch den Service nicht genervt sind und dann bereit sind was laufendes umzustellen. Aber nur durch wechseln wird dem Markt belebt. Das o2 sich die Kunden gekauft hat, da ihr eingener DSL-Zweig nicht aus den Puschen kommt ist klar.

    Wie wird es in drei Jahren aussehen? DSL mit 4 MBit wird in Konkurrenz zu 14 MBit im UMTS stehen. Ich habe heute schon einen 8mal so schnellen Upload mit HSUPA als mit meinen DSL …

    Es bleibt spannend ….

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