Ach ja – alle Jahre wieder der Mobile World Congress in Barcelona. Das Gipfeltreffen der Branche im altehrwürdigen bis auf den letzten Platz ausgebuchten Messegelände kurz „FIRA“ mitten in Barcelona.
Einige Spieler sind dieses Jahr mal wieder „nicht dabei“ und doch präsent, der (immer noch) größte Hersteller von Mobiltelefonen zum Beispiel, dessen Karriere durch Gummistiefel und Fernsehgeräte bekannt wurde. Die Rede ist von Nokia Oy, die einen neuen Chef haben, der früher einst für Microsoft in Amerika arbeitete.
Nokia ist führend in der Welt in den aufstrebenden „emerging“ Markets (sprich Afrika und Asien), wo es auf einfache, leicht verständliche Telefone ankommt. Aber das ist der „Szene“ zu langweilig und sie sind auf was anderes aus: Smart und bunt und schnell muß es sein, GHz Prozessoren und Multi-Multi-Media, Videos, Downloads und natürlich Appstores. Man kann mit einem Handy auch Geld verdienen, wenn es schon verkauft ist.
Wie so etwas geht, hat Apple (offiziell auch nicht in Barcelona) vorgeführt: Damals haben die Nokia Manager schallend gelacht, heute nicht mehr. Stephen Elop verkündete am Sonntag Abend der gelangweilten Presse das, was wir Insider alle schon irgendwo vermutet bis geahnt haben: Nokia goes Windows Mobile.
Symbian ist… noch nicht ganz „out“, erst sollen nochmal 150 Millionen Handys damit verkauft werden (150.000.000 Handys nette Zahl), aber die Branche, die Kunden, die Entwickler sind etwas verwirrt, wie es danach weiter gehen soll.
Dass Symbian – ich schreibe nichts Neues – in die Jahre gekommen ist, dass es umständlich geworden ist und irgendwie den zigTausend Entwicklern nicht gelingen will, das zu bauen, was Analysten und Fanatiker erwarten: Rasend schnell, rasend bunt, am liebsten der HeimPC in Notizbuch-Größe, schon traurig. Wird Symbian nun mit einem Knall verschwinden? Wohl nicht, aber so langsam ist absehbar, daß es „auslaufen“ könnte.
Eine Ehe zwischen Nokia und Android hätte vielen gefallen, dann aber wären sich Android und Apple direkt gegenübergestanden und vielleicht ahnte Stephen Elop, dass manchem Kartellwächter eine solche Konstellation „unheimlich“ geworden sein könnte….
und MeeGo? Das wurde schon letztes Jahr vorgestellt. Die Kooperation zwischen Intel und Nokia war – ganz ehrlich – so dröge, wie die Pressekonferenz im letzten Jahr ablief. Da war – zumindestens mir – klar, daß das nichts werden würde. Bis heute hat kaum Jemand irgendwas Funktionierendes mit MeeGo gesehen. Und ob und wann das N9 oder N9-01 mit MeeGo auftauchen wird… mal sehen.
Nokia geht nicht kampflos zu Microsoft, sondern möchte am Ende da als Gewinner da stehen. Als Morgengabe kommen die Ovi-Maps zu Microsoft und Nokia darf – als einziger – am Look and Feel von Windows Mobile frei herumschrauben, was anderen Herstellern bei Todesstrafe verboten ist. Auch scheint Geld geflossen zu sein und zwar nicht wenig. Die Frage ist, wie schnell es für Windows Mobile 7 vernünftige Programme gibt, welche die Kunden wollen und ob Nokia resp. Microsoft „verstehen“, daß es Zielgruppen gibt, die NICHT in die Cloud wollen. Kann man sich es leisten, die einfach wegzubügeln?
Szenenwechsel.
Der weltgrößte Mobilfunkanbieter China Mobile darf gemeinsam mit dem großen Netzwerkhersteller ZTE (ebenfalls aus China) kostenlos ein TD-LTE Testnetz bei E-Plus in Deutschland aufbauen und ausprobieren. Die Chinesen setzen schon seit UMTS-Zeiten auf eine spezielle Zeitmultiplex-Variante, die es so nur in China gibt und E-Plus hat wieder einmal das unglaubliche Glück, quasi zum Nulltarif modernste Netztechnik zu bekommen. Die teuren 800 MHz-Frequenzen hat man sich ja mit dem genialen Trick erspart, UMTS auch auf 900 MHz machen zu dürfen. Das neue TD-LTE wird von E-Plus auf 2,6 GHz irgendwo in einem Ballungszentrum ausprobiert.
Und wenns nichts wird? Unwahrscheinlich und wenn schon: E-Plus ist mal wieder im Gespräch.
Wenn ich mir das recht so überlege, könnten E-Plus Kunden schon einmal damit beginnen, bei der örtlichen Volkshochschule einen Chinesisch-Kurs zu belegen. Daß China auf „Einkaufstour“ in Europa ist, um die gegenseitigen Beziehungen zu „verbessern“ und sicherzustellen, daß ihre Produkte in Europa weiter verkaufbar bleiben, besonders wo es dort immer wieder Bedenken und Vorschriften gibt, ist ja ein alter Hut.
Da wäre es doch ein logischer Schritt, wenn China entweder bei KPN oder bei E-Plus in der einen oder andern Form einsteigen würde. Die Zahl der Chinesen, die deutsch sprechen, dürfte locker ausreichen, um die Hotlines von BASE & Co. zu betreiben und der Satz „ich gebe Sie mal weiter an die Technik“ bekäme neues Gewicht, zumal die aktuelle Netztechnik zum großen Teil von ZTE aus China geliefert werden soll.
Daß sich dabei so ganz nebenbei nochmal gewaltig Kosten sparen lassen, ist doch im Sinne der Kunden, die in einschlägigen Foren schon über Minutenpreise von 5 Cent (oder weniger) für Anrufe und SMS in alle Netze träumen, weil sie es leid sind, viel zu viel Geld für wacklige und löchrige Netz auszugeben, weil die Marktführer vor lauter „Save for … was eigentlich?“ Kunden und Netze komplett aus den Augen verloren haben.
Daß Kunden etwa des E-Plus-Discounter Simyo mal wieder über Netzstörungen und andere Probleme jammern, interessiert im fernen Barcelona nicht. Simyo gibt es auch in Spanien, doch dort verwenden sie das Netz von Orange Spanien und die sind bekanntlich mit der Deutschen Telekom befreundet. Das haben sie kürzlich klar gestellt, das bedeutet aber auch: Alle Träume von Orange in Deutschland, die E-Plus kaufen und dann mit Preisen a la Österreich (1000 Minuten in alle europäischen Netze für 25 Euro) den Markt aufrollen, sind ein für alle Mal ausgeträumt. Basta.
Ach ja die Deutsche Telekom: Die verkündet jetzt den „Durchbruch“ beim mobilen Bezahlen, den es schon vor 10 Jahren hätte geben können, wenn man der Firma Paybox nicht nur Steine in den Weg gelegt hätte. Dem Dienst Mpass, das von den Leuten, die damals bei Paybox Geschichte schrieben, realisiert wird, ist die Telekom jetzt endlich beigetreten, träumt aber weiter von NFC (Near Field Communication), außer Nokia hat bis heute keiner ein lieferbares Gerät parat.
Für den Erfolg des mobilen Bezahlens ist das alles überflüssig, es würde eine ganz popelige SMS und/oder ein sogar Anruf eines Computers reichen, wo man seine PIN eingibt und bezahlt. Aber das ist den Bedenkenträgern seit über 10 Jahren nicht sexy genug.
Und weil ich gerade am Kritisieren bin:
Sorry, ich nerve, aber es ist einfach ein Trauerspiel, wenn in den Gebäuden führender Weltkonzerne in Deutschland das Netz des nationalen Marktführers einfach nicht stattfindet. Da hilft es auch nichts, den dort arbeitenden (ausgelagertern) Service-Sub-Unternehmen großzügig Karten von E-Plus auszuhändigen (weil deren Netz dort auch durch Abwesenheit glänzt.) Vermutlich denkt das gastgebende Unternehmen selbst, ein Rahmenvertrag beim roten Weltmarktführer reicht doch, wer telefonieren will, wird schon das Netz wechseln. Nur dessen Netz ist auch nicht so flächendeckend, wie man das vom ältesten deutschen Privatfunker erwarten würde.
Nationaler magentaner Marktführer und der rote Weltmarktführer haben immerhin inzwischen begriffen, daß Datenroaming in Europa viel zu teuer ist und bieten in Barcelona – wenn auch noch nebulös – neue Tarife an, von denen der Marktführer vollmundig von der ersten Roamingflatrate erzählt, nur o2 hat das schon eine Weile im Angebot. Richtig flat ist das übrigens alles nicht, weil ab einer gewissen Datenmenge wieder „gebremst“ wird, aber mit einem nachweislich datensparenden BlackBerry kann man mit diesen Angeboten weitgehend unbeschwert in Kontakt bleiben.
BlackBerry ist in Barcelona anwesend (richtig so) und kündigt einige logische Weiterentwicklungen seiner Produkte an, auf die wir uns freuen dürfen. Das neue Playbook könnte den andern Anbietern die Schweißperlen auf die Stirne treiben.
Und wenn Sie es unbedingt multi-medial-total wollen: Bei HTC kommen neue Modelle im Stundentakt, aber seien Sie sich im klaren: Nachdem Kauf ist so ein Gerät grundlegend veraltet und nach Service nach dem Kauf sollten Sie besser auch nicht fragen.
Soviel im Moment.
Hasta La Vista Babies…. I’ll be back.
Schlagwörter: 2011, Barcelona, China Mobile, Datenroaming, E-Plus, mobile Payment, Mobile World Congress, Mobiles Bezahlen, mpass, o2, Orange, Paybox, Roaming, Tarife, Telekom, Vodafone, ZTE
20. Februar 2011 um 22:41 |
Vorweg: Ich bin für E-Plus/Base im Internet unterwegs, um u.a zum Thema Datennetz Infos zu liefern und mit zu diskutieren.
Mal ein Wort zu E-Plus, ZTE und China Mobile – und der von dir aus dieser Zusammenarbeit abgeleiteten Kaffeesatzleserei: Zeig mir bitte mal einen Big Player im Mobile-Business, der *nicht* mit China Mobile zusammenarbeit. Wird schwer sein, einen zu finden. Und mit ZTE haben z.B. Telekom und Vodafone seit Jahren Rahmen- und andere Verträge, nach denen ZTE auch an diese beiden Infrastrukturtechnik liefert, nicht nur an E-Plus/KPN (die sind nur die ersten, die die chinesische TDD-LTE-Variante ausprobieren).
Und auch ein Wort zum LTE-Test von E-Plus: Die testen nicht „in irgendeinem Ballungsgebiet“ – die Test starten in Düsseldorf und Grabowhöfe (auf dem Lande in Mecklenburg-Vorpommern).
Rainer
BASE-Netzbotschafter.de
20. Februar 2011 um 23:11 |
Welche großen (europäischen) Netzbetreiber arbeiten denn mit China Mobile zusammen? Welcher Netzbetreiber lässt Mitarbeiter eines fremden Netzbetreibers derart intensiv an die eigene Technik ran?
ZTE liefert bei Telekom und Vodafone reine Endgeräte (Datensticks), nicht aber Netzkomponenten.
20. Februar 2011 um 23:41 |
Hier eine kleine Auswahl der Kooperationen mit ZTE und/oder China Mobile – und das nicht nur bei Datensticks.
ZTE/Telekom: „16 December 2010, Düsseldorf – ZTE, a leading global provider of telecommunications equipment and network solutions, has opened a new office to expand its presence in Germany. The new office in Darmstadt was specifically chosen by ZTE to support its ongoing partner Deutsche Telekom with building modern network infrastructure in Germany. … That is why it is strategically significant that we move to be close to Deutsche Telekom – not only to its headquarters in Bonn, but also to its research facilities for infrastructure which are located in Darmstadt,“ commented Dr. Hou.“ http://wwwen.zte.com.cn/en/press_center/news/201012/t20101216_196299.html
ZTE/Vodafone: „Zusammenarbeit des Vodafone Test & Innovation Centers mit ZTE sowie Starent Networks
Der chinesische Telekommunikationsausrüster ZTE richtet ein Testlabor im Düsseldorfer Vodafone Test & Innovation Center ein. Und auch Starent Networks (a Cisco Company) wird dort künftig gemeinsame Tests mit weiteren Netzinfrastruktur-Herstellern für Mobilfunk und Festnetz durchführen. Beide Verträge wurden Anfang März auf der CeBIT unterzeichnet.
Seit 2005 hat die ZTE Deutschland GmbH (www.zte-deutschland.de) ihre Deutschlandzentrale in Düsseldorf, in unmittelbarer Nachbarschaft zum wichtigen Partner Vodafone. Nachdem im Vodafone Test & Innovation Center bereits in den Jahren 2008 und 2009 erfolgreiche Tests mit der führenden Software-Defined-Radio-Technologie (SDR) von ZTE sowie neuester Mobilfunktechnologie durchgeführt wurden, hat ZTE sich für die Einrichtung eines permanenten lokalen Forschungslabors dort entschieden. “ http://www.vodafone.de/testing/165533_165591.html
China Mobile/Vodafone: „Die genannte Technik (Anm.; TD-LTE) wurde maßgeblich von chinesischen Unternehmen entwickelt und soll als Standard in der 4G-Mobilfunktechnologie engesetzt werden.
Eine Hauptrolle spielt dabei Chinas größter Mobilfunkanbieter, die China Mobile, welche die Technik bereits in sechs Großstädten Chinas im Probelauf hat.
Laut dem Vize Chairman, Li Zhengmao, haben auf dem Forum 15 Unternehmen angekündigt, diesen Mobilfunk-Standard zu übernehmen.
Wie bei der Global Times zu lesen ist, hatten am Rande des Kongresses die beiden Unternehmen China Mobile und die Vodafone Group eine strategische Zusammenarbeit und dazu ein entsprechendes Rahmenabkommen unterzeichnet. “ http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Barcelona-China-Mobile-und-Vodafone-E-Plus-und-ZTE-Allianzen-1040278
China Mobile/Telekom: „Überraschend auch der Zusammenschluss von 24 Mobilfunk-Netzbetreibern, darunter Vodafone, T-Mobile, China Mobile, Orange und Telefónica. “ http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article6422295/Netzbetreiber-greifen-Apples-App-Store-an.html
Rainer
BASE-Netzbotschafter.de
21. Februar 2011 um 13:01 |
Hast Du die Berichte auch gelesen?
ZTE betreibt Testlabore – wo liefern sie denn Netzkomponenten an Telekom und Vodafone?
Vodafone wird in Deutschland kein TD-LTE einsetzen.
Eine Allianz gegen den Apple App-Store ist ja eine völlig andere Geschichte und hat mit Netzkomponenten und Netzaufbau nichts zu tun.
21. Februar 2011 um 19:00 |
Ja, hab ich gelesen. Ich hab ja auch im 1. Kom. nicht geschrieben, dass TM und VF TD-LTE einsetzen (werden) – sondern nur, dass sowohl TM als auch VF mit ZTE und China Mobile zusammen arbeiten. So wie andere Netzbetreiber auch. Und zumindest im Entwicklungsbereich scheinen beide mit ZTE auch in puncto Infrastruktur zusammen zu arbeiten.
Rainer
BASE-Netzbotschafter