Fusion oder nicht Fusion: Lernen Sie spanisch!

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Buenos dias, señores y señoritas,

América Móvil ist einer der größten Mobilfunkanbieter in Lateinamerika

América Móvil ist einer der größten Mobilfunkanbieter in Lateinamerika

nach der näher rückenden Übernahme von KPN/E-Plus durch América Móvil (die Firma gehört unter anderem Señor Carlos Slim aus Mexiko) wird es sicherlich auch neue Tarife geben, deren Servizio del Cliente (= vormals Customer Care) nur noch spanisch sprechen wird, falls man ihn telefonisch überhaupt erreichen kann. Dadurch lassen sich die Hotlinekosten wirksam senken, weil die Hotline künftig in Mexiko oder südlich davon zu Hause sein wird.

Wie bitte?

Sie kommen nicht mehr mit?

Also: Seit gut 10 Jahren reden die holländische (einst staatliche) KPN und die deutsch/englisch/spanische Telefonica (o2) über eine Zusammenarbeit oder Fusion von E-Plus und VIAG/o2. Nachdem der mexikanische Konzern América Móvil Interesse an KPN bekundet hatte, trafen sich die Mächtigen von Telefonica und KPN wieder einmal zu Gesprächen, um auszuloten, was denn so möglich wäre.

Die wage Idee: Eine „Fusion“, die Kunden und Netze und Frequenzen von E-Plus und o2 möglichst unbeschädigt bündeln könnte, damit wäre ein neuer dritter Spieler im deutschen Markt, der D1 und D2 ernsthaft das Wasser reichen könnte. Doch damit sind die Vorteile schon erschöpft: Ein besserer Netzausbau würde weiter massiv Geld kosten, denn ein bestehendes Netz müßte dem Regulierer geopfert (= abgeschaltet) und dessen Bestandteile könnten nur mühsam in das andere Netz integriert werden (sofern sie nicht zu „veraltet“ sind), eher wäre ein Neubau und Ausbau des verbleibenden Netzes notwendig, der – sagte ich das schon? – richtig Geld kostet.

Nach langem Hin und Her war klar: Telefonica hat nicht genügend Geld (oder will es nicht dafür ausgeben) und die Auflagen des Regulierers wären zu knackig, sprich das lohnt sich am Ende nicht, also wurde die Fusion – wieder einmal – abgesagt.

Derweilen kauft sich der Erzrivale von Telefonica auf dem südamerikanischen Markt, der mexikanische Mobilfunkunternehmer Carlos Slim mit seiner América Móvil stetig wachsend bei Telekom Austria und KPN ein.

Laut Financial Times Deutschland oder der New York Times hat Slim schon 21% der KPN-Anteile ergattert.  Mit den angepeilten 28% Aktienanteilen könnte er faktisch das Kommando bei KPN übernehmen und dann den holländischen Konzern in lukrative Einzelteile zerlegen. In Österreich war er bei der Telekom Austria auch bereits ziemlich erfolgreich.

In Deutschland gibt es viele interessierte Mobilfunkkunden, die sich einen Einstieg von Carlos Slim in den deutschen Markt wünschen, in der Hoffnung, daß die Mexikaner massiv in den Netzausbau bei E-Plus investieren und zugleich die Preise trotzdem weiter senken würde. Nach der lange als absurde Utopie geltenden 20 Euro/Monat Preismarke für eine AllNet-Flat-Marke, träumen einige schon einer All-Net-Flat inkl. SMS und Daten für rund 10-15 Euro.

Doch warum sollte Slim das tun? Er ist deswegen so reich geworden, weil er weiß, wie man richtig Geld verdient. Und jetzt wird das Eingangsstatement klarer: Slim würde sicher den hiesigen Markt zunächst aufmischen, um seine Kundenanteile zu verstärken, würde aber auch die interne Kostenschraube massiv anziehen und versuchen, alle Dienste und Dienstleistungen, die nicht zwingend notwendig in Deutschland oder Europa erbracht werden müßten, in seine Heimatregion Lateinamerika auszulagern, wie Rechenzentren oder Teile der Kundenbetreuung – deutscher/europäischer Datenschutz hin, Tarifverträge und Arbeitsrecht her.

Und o2?

Deren Probleme sind weiter ungelöst. Um dem selbstgestellten Ziel „auf Augenhöhe mit D1 und D2“ näher zu kommen, müßte investiert werden, und zwar massiv und deutlich spürbar. Denn wenn man nur versucht, die Preise auf D-Netz-Niveau anzuheben, aber es nicht schafft, dem Kunden zu vermitteln, daß das Angebot o2 den höheren Preis wirklich „wert“ ist, kommt es zu Verwerfungen. Unter allen Netzwechslern weltweit haben 78% als Grund die schlechte Netzqualität angegeben, wie der schwedische Ausrüster und Netzwerkspezialist Ericsson festgestellt hat. Sicher, Ericsson lebt vom Verkauf von Netzwerkkomponenten (Handys stellen sie selbst nicht mehr her), aber diese durchaus plausible Zahl sollte den tiefpreisverliebten Discount-Fans doch ein wenig zu denken geben.

Derweilen spekuliert o2 weiter auf die Börse. Mal sehen, wer da dann dort einkaufen geht, wenn es dazu kommen sollte. Zu einem „Quam 2.0“ (= Abschaltung des Netzes und Einstellen des Geschäftsbetriebes) dürfte es hingegen kaum kommen, dafür ist Telefonica Germany viel zu profitabel und einmal Quam (=“Quatsch aus München“) reicht.

Die hiesige Kundschaft ist gespalten:

Die einen, sind froh, daß die Fusion e-plus-o2 nicht kommt, weil das höchstwahrscheinlich zu einem Stillstand der Preissenkungswelle oder gar einer langfristigen Erhöhung geführt hätte. Die andern, die gewünscht hätten, daß ein starker dritter Player mit einem besseren Netz den beiden großen Anbietern wenigstens ein ganz kleines bischen Konkurrenz machen könnte. Schon heute bekommt man All Net Flats in den Netzen von D1 und D2 für 30 Euro. Das ist ein Wert, wo viele Kunden bereit sind mitzumachen. Und es könnten mehr werden. E-Plus und o2 könnten dagegen nur mit weiteren Preissenkungen halten. Wo liegt die ultimative Schmerzgrenze?

Gibts die beiden „großen“ Anbieter in Sachen Netzqualität noch?

Eine Serie von ungeklärten Brandanschlägen auf Kabelstrecken hat wieder einmal die Verwundbarkeit moderner Netze gezeigt. Bei Vodafone gab es kurz hintereinander massive Netzausfälle im D2-Mobilfunknetz im Nordwesten des Landes. Eigentlich sollten Kabelstrecken redundant (es gibt eine Ersatzleitung) verlegt sein, aber hier war das offenbar nicht der Fall. Wo Kostenrechner die Sparsamkeit über alles stellen, knickt das Netz dann schnell weg und die Folgen werden immer drastischer: Welcher Österreicher denkt beim Ausfall seines „HD-Traffic Navisystems“ an eine „Störung“ im Vodafone Rechenzentrum in den Niederlanden?

Immerhin hat sich Vodafone gerade eben einen Infrastruktur-Anbieter namens „Cable & Wireless“ gekauft, was uns hierzulande wenig helfen wird, denn hierzulande ist C&W wohl nicht beteiligt. Gerüchte wollen nicht verstummen, daß der scheidende Vodafone D2-Chef Friedrich Joussen aus Frust über den mangelhaften Netzausbau gegangen sei, also funktioniert die Gleichung „teurer Anbieter = besseres Netz“ offenbar nicht mehr und das ist lebensgefährlich. Der gefürchtete Netztest eines der wenigen verbliebenen gedruckten Fachmagazine wird mit Spannung erwartet und dann werden intern wieder flammende Reden gehalten, mit weniger Geld mehr Leistung zu bringen, was die Probleme kaum lösen dürfte.

Joussens langjähriger Kollege Obermann hat derweilen mit seinen Schweizer und Österreicher Kollegen einen bösen Protestbrief nach Brüssel geschickt: Die permamente Regulierung lasse kaum noch Luft zum Geldverdienen im TK-Bereich, die Werte der Unternehmen sinken und sinken und somit können Leute mit gut gefülltem Geldbeutel auf Einkaufstour gehen, um danach irgendwann durch Fusionen oder Zerschlagung und Weiterverkauf der Sahnestückchen ihren Geldbeutel wieder aufzufüllen.

Wie kann man dem Kunden draußen vermitteln, daß die notwendige Infrastruktur für ein Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetz ohne Staus nicht zum Nulltarif zu haben ist?

Wie kann man der TK-Branche vermitteln, daß Kunden durchaus bereit sind, Geld auszugeben, aber nur wenn sie sich geborgen und verstanden fühlen?

Wie kann man den barbarischen Kostensenkungsdruck aus der Branche herausnehmen, der Menschen und Material auf die Dauer nur „kaputt“ macht?

Viele Fragen.

¡Hasta la vista, Babys! I’ll be back 🙂

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4 Antworten to “Fusion oder nicht Fusion: Lernen Sie spanisch!”

  1. HoldaT Says:

    Die europäischen Anbieter hatten alle aktiven Optionen in der Hand, haben aber in überheblicher Manier viel zu lange taktiert. Nur ist Herr Slip da und wird absehbar mit dem eisernen Besen durchkehren. Sei es drum. Globalisierung läuft eben nicht immer so, dass Europäer mit Schiffen voller Glasperlen los fahren, um Gold beladen wiederzukehren. Heute geht es genau anders herum, weil unser sklerotischer Beharrerkontinent viel zu sehr mit Besitzstandswahrung beschäftigt ist, als das er nach vorn denkt.

    Ich habe Herrn Slip einen schönen Schnitt bei meinen KPN-Aktien zu verdanken und dem entsprechend von ihm meinen Vertrag quasi für die kommenden Jahrzehnte ausfinanziert bekommen.

    Die ehemaligen Monopolisten labern aktuell nur herum, derweil schwimmen die Felle bzw. die Cashcows davon. Man weint den SMS hinterher, bleib aber bsi zuletzt schockstarr bei Abzockpreisen, so dass man whatsapp & Co. quasi den roten Teppich ausrollte.

    Die Netzbetreiber werden, wie schon vor Jahren in TT besprochen, zu reinen Pipelinebetreibern ohne Gesicht, bei denen einzig der Preis das Kriterium sein wird. Da außerdem bei den Nutzern immer mehr Kompetenz vorhanden ist, ist die Auslagerung des „Kundenservice“ nur logisch. Die Leute sind und bleiben preisfixiert und da es dem Endkunden egal ist, ob sein 80000 €-BMW in Leipzig von Leiharbeitern mit < 1000 € netto zusammengebaut wird oder ob 3,50 € für ein Kick-T-Shirt nachhaltig und sozial sein können, wird es den Kunden auch nicht scheren, wenn alles abwandert, was technisch abwandern kann.

    Das sich Jahre später die Schlange in den eigenen Arsch beißt, sieht Otto Normale erst wenn es tatsächlich passiert. Bis dahin scheint ihm weiter die Sonne aus dem Arsch.

  2. HoldaT Says:

    „Slip“ ist gut, Slim war gemeint. Danke Apple für die auserlesene Korrektur. 😉

  3. hrgajek Says:

    Hallo in die Runde,

    Senor Slim (mit „m“) hat sein Ziel mit rundum 27 % Anteilen erreicht.

    Wie ich höre sieht er das als strategische Beteiligung an.

    Die Hoffnungen, daß neues Geld in den Netzausbau bei E-Plus gesteckt und zugleich die Tarife in Richtung 10-15 Euro im Monat für alles dran und drin gedrückt werden, würde ich mal ganz schnell beerdigen. Warum sollte Herr Slim das tun? Was hätte er denn davon? Wenn es ihm gelänge signifikant viele Kunden von D1 und D2 abzuziehen, würden oder müssten die sofort reagieren, er würde also eine Spirale anstoßen, an deren Ende er kaum gewinnen (eher verlieren) kann. Also wozu?

  4. Holdat Says:

    Der Herr Slim macht es wie ich. Er hält seine Anteile und freut sich über die Dividende. Da er mehr Einfluss hat als ich, wird die Dividende ggf. Sogar noch steigen…

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