Erinnern Sie sich noch, als die Mobilfunker GPRS einführten? Es war eine Zeit, in der die Tarife offenbar der technischen Realität hinterherhinkten. Durch prohibitiv hohe Megabyte Preise, konnte ein Handy bin in Minuten so manches Prepaidguthaben aufbrauchen oder hohe Rechnungen verursachen. In der Schweiz ist jetzt etwas ganz Neues geschehen. Es gibt ein neues Mobilfunkabo – nur diesmal gibt es das Mobilfunknetz dazu noch gar nicht.
Die Swisscom hat ein neues Tarifschema eingeführt. Das ist insoweit nichts Neues und vielleicht sogar keine Meldung wert. Doch es gibt mehrere Besonderheiten: einmal schafft die Swisscom den Strafzoll zu fremden Festnetzen ab. Auch ist in allen Tarifen wirklich die gesamte Schweiz samt Mobilfunknetze dabei. Bei den höherwertigen Angeboten ist sogar etwas Kommunikation mit dem Ausland schon mit eingerechnet.
Der Hauptfaktor, der sich ändert, ist jedoch die Mobilfunkgeschwindigkeit. Im günstigsten Abo für 59 CHF im Monat, was rund 49 Euro entspricht, ist eine Flatrate mit 0,2 MBit/sec enthalten. Das ist in etwa EDGE-Geschwindigkeit und reicht für Mails, den Facebook Client oder Opera Mini surfen völlig aus – auch wenn Swisscom hier zum höheren Abo rät, das bis zu 1 MBit/s anbietet.
Der Witz ist jedoch das infinity XL Abo, das Surfen mit 100 MBit/s verspricht und stolze 169 CHF im Monat kostet, also etwa 140 Euro.
Denn hier bleibt es wohl beim Versprechen. Eines gibt hier unten nicht: ein Mobilfunknetz, das 100 MBit/s bieten kann. Die Swisscom hat das LTE Abo eingeführt, bevor sie LTE eingeführt hat. Fairerweise muss man sagen, dass in diesem Abo auch 200 Minuten im Ausland inklusive sind, ins Ausland gar unlimitiert. Nur wenn jemand viel ins Ausland sprechen muss, fährt in der Schweiz mit einer yallo Karte erheblich besser.
Werfen die Kunden einen Blick über die Grenze, dann wird das Hochpreisland Schweiz wieder sichtbar. Das günstigste Abo entspricht in etwa dem Yourfone Angebot, auch wenn man dort 500 Megabyte in einer höheren Geschwindigkeit angeboten bekommt. Yourfone kostet ohne Vertragsbindung 24,90 Euro im Monat – und ist damit etwa halb so teuer wie die Variante der Swisscom.
Schlagwörter: Datentarife, Flatrates, GPRS, LTE, Mobilfunk, Schweiz, Swisscom, Tarife
22. Juni 2012 um 10:10 |
Hi Henning,
stimmt so nicht ganz: in einigen Touristen-Zielen in den Bergen gibt es bei Swisscom sehr wohl 100Mbit LTE…
Wird auch ganz massiv ausgebaut!
Kann man auch als Touri sich jeweils in der Touristenzentralen der entsprechenden Orte Wochenweise leihen.
Gruss Wolfgang Busch
22. Juni 2012 um 10:50 |
Die Fußnote verrät, dass es bis Dezember 2012 bis zu 42 MBit/s, also DC-HSPA+ via UMTS sind. 😉
22. Juni 2012 um 10:57 |
auf die Gefahr als Mr. Schlaukack durchzufallen 🙂
http://www.computerworld.ch/news/kommunikation/artikel/lte-swisscom-legt-in-tourismusregionen-los-58187
und entsprechend von Swisscom die Gebiete wo 100Mbit LTE gehen:
http://www.swisscom.ch/res/beratung-service/infrastruktur/mobilnetz/lte/index.htm
da kann ich nichts von DC HSDPA+ sehen?
Gruss Wolfgang
22. Juni 2012 um 12:27 |
Hallo zusammen,
besten Dank für diese rege Diskussion. Mich freut es, dass das Thema die Leute interessiert.
In der Schweiz hängt das Thema LTE im Vergleich zu anderen Ländern hinterher. Das hat diverse Ursachen. Alle aufzulisten, das wären mehrere Blogbeiträge. Einer wäre beispielsweise, dass die Frequenzauktion, mit der die Mobilfunker Rechts- und Planungssicherheit haben, erst ein paar Monate her ist. In der Zeit zaubert niemand ein Netz hin.
Nun muss man auch den Werbeffekt sehen. So wie die Deutschen Mobilfunker gerne neue Netze in den Millionenstädten aufbauen (möchten), sind es in der Schweiz die Touristenregion. Dort gibt es durch Roaming viel Geld zu verdienen und eben auch viel Image zu ernten. Zum Vergleich: in meinem Wohnort Zurzach, wo eine der bekanntesten Thermalquellen steht, hat Swisscom bis heute kein UMTS eingeführt. Es ist eben immer die Frage was, wann und wo. Und die beantwortet Swisscom richtig. Stell‘ das Netz dorthin, wo es viele sehen.
Swisscom hat bis heute das Thema LTE (noch) nicht in die echte Netzabdeckungskarte (http://www.swisscom.ch/res/beratung-service/infrastruktur/mobilnetz/index.htm?languageId=de) getan, wir haben heute nur punktuelle „Vorführnetze“, aber keine flächendeckende 100MBit/s Abdeckung, wie es der Tarif suggeriert. Das ärgert mich dann schon etwas.
Zum Kleingedruckten, was mich zum Titel des Beitrags verleitete gibt es hier:
http://infinity.swisscom.ch/?lang=de&int-campID=BI_RES___INFINITY_SMP
Dort nach unten rollen bis zu der Tariftabele. Darunter steht die „1“ erklärt.